Karlsruhe 02.12.2020: In unsicheren Zeiten ist es hilfreich ein Ziel vor Augen zu haben. Sarah Brüßler, Lina Bielicke, Sophie Koch und Saeid Fazloula von den Rheinbrüder Karlsruhe haben ein gemeinsames Ziel: Tokio! Doch auch, wenn das Ziel das Gleiche ist, der Weg dorthin ist für alle Vier höchst unterschiedlich.
Kajakfahrerin Sarah Brüßler befindet sich derzeit mit dem Kanurennsport Nationalteam des Deutschen Kanu-Verbands (DKV) in Belek in der Türkei. „Die Bedingungen sind ganz gut. Wir dürfen die Hotel-Anlage nicht verlassen, aber hier fehlt es uns an nichts.“, beschreibt die 24-jährige Karlsruherin das Trainingslager, das nicht wie gewohnt in Florida, sondern an der südlichen Mittelmeerküste, stattfindet.
Dort sollte eigentlich auch die Canadierfahrerin Sophie Koch dabei sein. Aber da sich Koch in der Ausbildung bei der Bundespolizei befindet, durfte sie nicht mit der Nationalmannschaft das Warmwassertrainingslager antreten. „Das hat einen Pandemie bedingten Hintergrund: die Bundespolizei erlaubt zur Zeit ihren Auszubildenden keine Fahrten in ausländische Risikogebiete.“, so Koch, die stattdessen im Bundesleistungszentrum Kienbaum ihre Kilometer mit den anderen Bundespolizei-Kanuten abspult. Bisher bestätigte Koch, waren die Außentemperaturen noch erträglich und die Stimmung im Team gut.
Im sonnigen Süden, im Karlsruher Rheinhafen, waren die Temperaturen sogar noch deutlich besser als im Osten der Republik. Hier absolviert Lina Bielicke ihre Trainingseinheiten im Canadierboot. Die 19-Jährige DM-Dritte von 2020 über 200 Meter, hat sich in den erweiterten Kreis der möglichen deutschen Olympia-Aspirantinnen neben Koch, Annika Loske und Ophelia Preller (beide Potsdam) sowie Lisa Jahn aus Berlin gefahren. Die KIT Sport Studentin darf genauso wie Saeid Fazloula als Kaderathlet*in aufgrund der Spitzensport-Corona-Verordnung die Infrastruktur der Rheinbrüder Karlsruhe am Rheinhafen nutzen.
Für die drei Kanutinnen ist der Weg zu den olympischen Spielen klar gezeichnet: alle drei müssen sich bei den nationalen Olympia-Qualifikationsregatten im April durchsetzen und eventuell im Mai noch international einen Quotenplatz für Deutschland sichern, bzw. in einer olympischen Bootsklasse im schnellsten deutschen Boot knien bzw, sitzen.
Für den gebürtigen Iraner Fazloula geht es dagegen um einen Start im sogenannten Refugee Olympic Team (ROT). Die Internationale Canoe Federation (ICF) hat mittlerweile ihre Unterstützung nach langem Hin und Her zugesichert, auf dem formellen Weg, gibt es aber immer noch keine hundertprozentige Bestätigung, dass Fazloula in das Refugee Olympic Team des Internationalen Olympischen Comitees (IOC) aufgenommen wurde.
Bundesstützpunkt-Leiter Detlef Hofmann sieht die Chancen seiner vier Schützlinge, im Hinblick auf Tokio, unterschiedlich: „Saeid und Sarah haben nach momentanem Leistungsstand und sportpolitischer Entwicklung sicherlich die aussichtsreicheren Chancen bei den Olympischen Spielen dabei zu sein. Aber auch Sophie und Lina sind definitiv im Kreis der Olympia Aspirantinnen. Sophie hat sehr gute Mannschaftsboot-Qualitäten und Lina als Newcomer nichts zu verlieren.“
Bei den Rheinbrüdern setzen die Verantwortlichen alles daran, dass die Athlet*innen die bestmögliche Vorbereitung auf das Großereignis zuteil wird. „Die Trainer haben in diesem Jahr einen ganz besonderen Job gehabt. Die Pandemie hat uns gezwungen, aus der gewohnten Routine auszusteigen und neue Wege zu gehen.“, erläutert Hofmann und stellt mit Stolz heraus, „alle Kollegen im Trainerteam haben diese Herausforderung mit Bravour angenommen und unsere Sportler bestmöglich durch das Ausnahmejahr begleitet.“ Nun blicken die Verantwortlichen optimistisch auf das kommende Jahr, wenngleich über allen Trainingslagern, die gewöhnlich im Ausland stattfinden, noch ein großes Fragezeichen steht. „Wenn die Olympischen Spiele stattfinden und danach sieht es für mich momentan aus, dann werden wir ein schlagkräftiges Team, um die letzten verbleibenden Plätze, ins Rennen schicken.“, so der Stützpunktleiter und Olympiasieger von 1996.
Die Sportler*innen im Portrait...
Bericht: Martina Tierolf
Bilder: ©GES/Rheinbrüder